Ein Film für die Götter
Keulen
und Äxte schwingen. Lagerfeuer lodern. Grausige Monster und
unwirtliche Ländereien erwarten jene, die bereit sind, sich ihnen zu
stellen. Und vergiss nicht den Lendenschurz. Es ist offensichtlich:
Hier geht es um Barbaren, besser gesagt, um den Barbarenfilm. Conan
der Barbar, der wohl unbestritten beste Film aus diesem Genre, hatte
damals einen starken Einfluss auf meinen Filmgeschmack – und somit
war es kein Wunder, dass ich mir auf der Mannheimer Filmbörse
Conquest einfach kaufen musste, zumal ich ein
großer Lucio Fulci-Fan
bin. Etwa 30 Schlappen hat mich die 30th Anniversary
Collectors Edition von '84 Entertainment gekostet, auf die wir jetzt
einen genaueren Blick werfen wollen.
Umfang/Ausstattung
Hübsch
verpackt im stabilen Mediabook befinden sich neben dem Film auf DVD
und einem kleinen Poster zwei zusätzliche Discs: Die Grindhouse
Edition auf DVD, ebenso wie der Soundtrack auf CD. Das Gesamtpaket
ist auf 2000 Stück limitiert und hat damit sofort den Sammeltrieb in
mir geweckt. Obendrauf gibt es neben diversen Extras auch einen
klasse Audiokommentar mit Marcus Stiglegger und Ivo Ritzer, den man
sich, soweit man sich dieses Schmuckstück anschaffen möchte,
unbedingt mal reinziehen sollte. Das im Mediabook befindliche
Heftchen bietet zu guter Letzt neben informativen Zeilen reichlich
lustige Anekdoten – sollte man im Idealfall vor dem Filmgenuss
gelesen haben.
Film/Kritik
Lucio
Fulcis Ausflug in das Barbarengenre ist absolut nichts für
jedermann: Wer ein episches Fantasy-Abenteuer voller Spannung, Twists
und vor allem Inhalt erwartet, wird herbe enttäuscht. Wer
allerdings, so wie ich, auf Trash der übelsten Sorte steht, der
greife gerne jetzt schon zu – Conquest, oder La Conquista, so der
Originaltitel, bietet eine bunte Palette an Gore ala Fulci,
saudämlichen Sprüchen, psychedelischen Effekten, unheimlich billig
gestalteten „Monstern“ und Szenen, bei denen man sich lediglich
die Hände überm Kopf zusammenschlagen kann. Aber um was geht es bei
diesem exotischen Machwerk eigentlich? Komisch, denn diese Frage
lässt sich nicht so einfach beantworten.
Lockenkopf
Ilias (Andrea Occhipinti) macht sich eines Tages auf, um eine Reise
voller Gefahren anzutreten – laut rückseitigem Text, um seine
Männlichkeit zu erproben. Nur mit einem SciFi-Laserbogen bewaffnet,
wird er in diesem vernebelten, unwirtlichen Land von der spärlich
bekleideten Ocron (Sabrina Siani) gejagt, die ihre stark an Wookies
erinnernden Diener auf ihn hetzt. Glücklicherweise trifft er auf den
muskulösen Mace (Jorge Rivero), der wohl sämtliche
Barbarenklischees zu erfüllen vermag – der hilft Ilias aus der
Klemme, woraufhin die beiden nun gemeinsam durch die Lande ziehen. In
den etwa 85 Minuten erwartet den geneigten Trash-Freund, wie man
anhand der faktisch nicht wahrnehmbaren Handlung erkennen kann, eine
Aneinanderreihung von blutigen Auseinandersetzungen, mehr oder minder
spannenden Kloppereien, seltsam psychedelisch wirkenden Aufnahmen und
dämlichem Geschwätz voller unfreiwilliger Komik. Mal bekommen es
Ilias und Mace mit den bereits erwähnten Wookie-Dienern Ocrons' zu
tun, ein andermal lauern haarige, fliegende Fellmonster mit roten
Augen in den tiefen Höhlen. Besagte Szene ist leider ziemlich dunkel
gehalten, wodurch man den Kampf nur wage erkennen kann, allerdings
erwartet einen hier gegen Ende des Films ein, zumindest für mich,
unerwarteter Twist. Eine Stelle ist gegen Mitte der Odyssee dabei
wirklich gruselig: Um Ilias zu retten schippert Mace zu den Sümpfen,
wo ihm (Fulci-typisch) schlurfende Zombies auf die Pelle rücken.
Hier vermag die ein oder andere Aufnahme wirklich Stimmung zu
erzeugen. Das Sammelsurium an merkwürdigen Widersachern ist
tatsächlich groß und nicht minder unterhaltsam, warten doch noch
viele weitere Gefahren auf unser barbarisches Duo – lasst euch
einfach überraschen. Zu guter Letzt gibt es da noch das Volk, das
dieses Land zu bewohnen scheint und unter dem Einfluss Ocrons' steht,
welches jedoch so gar nichts barbarisches aufzufahren vermag, sondern
eher aus der Steinzeit entflohen scheint.
So
seltsam das alles klingt, es geht noch um einiges seltsamer: Als ich
den Film einst auf VHS geschenkt bekam, dachte ich zuerst, die
Kassette wäre vollkommen hinüber. Man konnte einfach nichts
erkennen, alles war grell und vernebelt. Zwei Minuten später warf
ich die VHS in den Müll. Nach Einlegen der DVD wurde ich dann eines
Besseren belehrt: Das war Absicht. Bei La Conquista arbeitet
ununterbrochen die Nebelmaschine im Hintergrund, möglicherweise um
eine besondere Mystik oder Atmosphäre zu erzeugen, was den Machern
nur geringfügig gelingt. Darüber hinaus liegt auf dem Film ein
permanenter Weichzeichner – zusammen ergibt das einen überdrehten
Bildermatsch, man kann es sich kaum vorstellen, wenn man es nicht
selbst gesehen hat. Über das Ziel hinaus schießt man auch mit dem
Soundtrack: Wer will denn abgedrehte elektronische Mukke in einem
Fantasy-Film auf die Ohren bekommen, sodass man sich fast in einem
Billig-SciFi-Streifen wähnt? Ganz ehrlich: Ich! Conquest wird
dadurch noch undurchschaubarer, noch seltsamer und noch exotischer.
Ein grandioser Zug, der diesen Klamauk nur noch erwähnenswerter
macht.
Fazit
La
Conquista ist ein Kleinod des Trash-Films, der perfekte Abschluss für
den Filmabend (vor allem nach ein paar Büchsen Bier), Pflichtkauf
für den Fulci-Fan und ein Exot unter allen Fantasy-Streifen. Die
ganzen obskuren Gestalten und all die abgedrehten Szenen sorgen für
ein paar Lacher, während das permanente Nebel-Gepuste, die heftige
Weichzeichnung und der völlig unpassende Soundtrack diesen Film noch
viel seltsamer machen, als er ohnehin schon ist. Das Mediabook ist
dabei über alle Zweifel erhaben: Der großartige Audiokommentar und
die für den ein oder anderen sicher sehr interessante
Grindhouse-Fassung machen diese Edition zu einer runden Sache.
Zugegeben: Spannend ist das alles nicht wirklich, dass ich diesen
Film jedoch bereits mindestens fünf Mal innerhalb eines Jahres
geschaut habe, ist ein unwiderlegbarer Fakt. Guten Gewissens vergebe
ich einen monströs weichgezeichneten Barbarian-Trash-Score von:
8/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen